Shiva gilt als einer der faszinierendsten Götter im Hinduismus – Schöpfer und Zerstörer zugleich. Er beendet das Alte, um Platz für die Wiedergeburt zu schaffen. Mal zeigt er sich als furchterregender Bhairav, „der Brutale“, mal als erhabener Mahadeva, „der große Gott“, oder als Pashupati, „der Herr der Wesen“. Doch seine Gestalten sind so zahlreich wie facettenreich.
In der Darstellung erscheint Shiva oft als hellhäutiger Asket mit fünf Aspekten, vier Armen, drei allsehenden Augen und einem geheimnisvoll blauen Hals. In seinen Händen hält er die Trisula (Dreizack) und die Damura (Trommel) – Symbole seiner dreifachen Natur: Erschaffer, Bewahrer und Zerstörer. An seiner Seite steht stets sein treuer Stier Nandi, Sinnbild für Kraft und Fruchtbarkeit.
Besonders eindrucksvoll zeigt sich Shivas Verehrung während des Maha Shivaratri-Festes. Jeden Februar oder März pilgern Zehntausende nach Pashupatinath, darunter unzählige Sadhus – heilige Männer, die mit ihren bemalten Gesichtern und safranfarbenen Gewändern das Bild des Tempels prägen. In dieser heiligen Nacht wird gebetet, meditiert, gefastet und gefeiert – ein spirituelles Spektakel, das Pashupatinath in ein Meer aus Rauch, Klang und Hingabe verwandelt.

Faszinierende, kunstvoll geschnitzte erotische Holzreliefs schmücken den jahrhundertealten Pashupatinath-Tempel im Kathmandutal. © CRS PHOTO
In Pashupatinath wird Shiva das ganze Jahr über als Lord Pashupati verehrt – in Form eines geheimnisvollen Lingam, dem uralten Symbol der Schöpfungskraft. Um den Tempel herum begegnet man zahlreichen Sadhus mit wilden Locken, bunt bemalten Gesichtern und safranfarbenen Gewändern. Doch Vorsicht: Nicht jeder von ihnen ist ein wahrer Asket. Manche sind geschickte Imitatoren, die das Interesse der Touristen nutzen, um sich ein Zubrot zu verdienen.
Der gewaltige Tempelkomplex liegt nur fünf Kilometer östlich der Altstadt von Kathmandu, ganz in der Nähe des Flughafens. Am bequemsten gelangt man mit Rikscha oder Taxi hierher – doch wer es ruhiger mag, kann auch den stimmungsvollen Fußweg wählen, der Pashupatinath mit dem benachbarten Boudhanath-Stupa verbindet. Ein Spaziergang, bei dem man Schritt für Schritt tiefer in die spirituelle Atmosphäre Nepals eintaucht.

Sadhus – heilige Männer, die dem weltlichen Leben entsagt haben – bereiten sich im Pashupatinath-Tempel auf ihre Meditation vor. In schlichten Gewändern und mit bemalten Gesichtern verkörpern sie Spiritualität pur. © think4photop
Nicht-Hindus dürfen den Innenhof des Heiligtums von Pashupatinath zwar nicht betreten, doch vom bewaldeten Hang oberhalb eröffnet sich ein einzigartiger Blick ins Herz der Anlage. Besonders eindrucksvoll ist der Balkon auf der gegenüberliegenden Seite des Kanals, von dem aus sich die gesamte Tempelszenerie überblicken lässt. Schon 300 Jahre vor dem Bau des heutigen, glitzernden, dreifach überdachten Heiligtums stand hier ein bedeutendes Vorgängergebäude – ein Hinweis auf die jahrhundertealte Spiritualität des Ortes.
Entlang des heiligen Bagmati-Flusses reihen sich Dharmsalas – Pilgerherbergen – sowie zahlreiche Grabmale, darunter ein prachtvolles, das ausschließlich den königlichen Familien vorbehalten ist. Auf den Decks am Flussufer finden regelmäßig Trauerzeremonien statt. Trotz seines trüben Wassers und der manchmal unberechenbaren Strömung gilt der Bagmati als heilig, da er sich schließlich in den Ganges, den wichtigsten Fluss des Hinduismus, ergießt.
Besucher können die bewegenden Bestattungsrituale von oben beobachten – ein Erlebnis, das tiefe Eindrücke hinterlässt. Filmen und Fotografieren ist jedoch strengstens untersagt, um die Würde der Zeremonien zu bewahren.

Ein kunstvoll gemeißelter Steinbrunnen zeugt von alter Baukunst. Beim Erdbeben 2015 wurde der Tempelkomplex schwer beschädigt, doch der Haupttempel überstand das Beben fast unversehrt. © salajean
Am heiligen Bagmati-Fluss halten uralte Rituale bis heute lebendig. Ehepaare steigen gemeinsam ins Wasser, in der Hoffnung, dass ihr Bad sie im Jenseits wieder vereint. Andere Gläubige tauchen im Rahmen von Reinigungszeremonien ein, um Körper und Seele von allem Unreinen zu befreien.
Ein besonders farbenprächtiges Schauspiel ist das Teej-Fest, das jedes Jahr zwischen August und September stattfindet. Drei Tage lang verwandelt sich Pashupatinath in ein Meer aus Rot und Gold, wenn Hunderte von Frauen in ihren leuchtendsten Saris singen, tanzen und voller Lebensfreude zusammenkommen. Die Ghats sind dann erfüllt von einer faszinierenden Mischung: fromme Pilger, die sich reinigen, fröhlich spielende Kinder, die im Wasser planschen, und das heitere Lachen der Frauen, die das Fest zu einem unvergesslichen Erlebnis machen.

Ein Sadhu in der Rolle Hanumans, der verehrten Affengottheit, vollzieht Rituale im Pashupatinath-Tempel. Hanuman gilt als Symbol für Mut, Hingabe und Stärke im Ramayana-Epos. © think4photop

Der goldene Nandi, Shivas heiliger Stier und treuer Begleiter, thront eindrucksvoll im Tempel von Pashupatinath. © Kurkul

Ein Sadhu mit leuchtend bemaltem Gesicht und safranfarbenen Gewändern – ein Sinnbild der asketischen Spiritualität. © Pe3k

Am Ghat von Pashupatinath versammeln sich Sadhus, wo täglich zahlreiche Bestattungsrituale am heiligen Bagmati-Fluss stattfinden. © think4photop

Ein Bhatta-Priester empfängt Gläubige, die ihm Opfergaben darbringen. Nur er darf die Gottheit berühren und die täglichen Rituale durchführen. © rweisswald

Ein alter Mann steht nachdenklich vor den Holzstapeln, die für die bevorstehende Einäscherungszeremonie am Bhasmeshvar Ghat vorbereitet sind. © De Visu

Ein Devotee versinkt in tiefer Andacht während eines Rituals in einem Tempel in Kathmandu. © danm12

Eine Gruppe von Hindus vereint sich zu einer feierlichen Zeremonie im Pashupatinath-Tempel – der heiligsten Stätte Nepals. © danm12

Ein Yogi meditiert still neben einer Shiva-Statue während des Maha Shivaratri-Festes – ein Tag des Fastens, Betens und spirituellen Erwachens. © Nitipol Temprim

Am „Burning Ghat“ wird Holz sorgsam für die rituellen Einäscherungen vorbereitet. © MOROZ NATALIYA

Dichter Rauch steigt auf, während am Burning Ghat eine Bestattungszeremonie durchgeführt wird – ein eindrückliches Ritual des Übergangs. © Liudmila Kotvitckaia

Ein Sadhu, farbenprächtig geschminkt und in traditionelle Kleidung gehüllt, blättert in einem Bildband über den Mount Everest – eine ungewöhnliche Begegnung von Spiritualität und Moderne. © dibrova

Vorbereitungen für eine Einäscherung am Ufer des Bagmati – hier verschmelzen Trauer und Ritual im Tempel von Pashupatinath. © saiko3p

Ein Hanuman Baba mit Affenbemalung ehrt die mächtige Affengottheit Hanuman, Symbol für Stärke und Hingabe. © think4photop

Hindu-Frauen trauern am Burning Ghat um einen geliebten Verstorbenen und erweisen ihm letzte Ehre, bevor das Ritual beginnt. © MoLarjung

Das Arya Ghat, das größte Krematorium Nepals, blickt auf eine jahrhundertealte Tradition der Einäscherung zurück. © sergemi

Der Pashupatinath-Tempel, ein weitläufiger Komplex mit Hunderten von Schreinen, Ashrams und kunstvollen Inschriften, ist ein pulsierendes Zentrum hinduistischer Spiritualität. © CRS PHOTO

Eine Pilgerin am Ufer des Bagmati – hier, wo der Pashupatinath-Komplex seit 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. © CRS PHOTO

Kindergesichter voller Neugier: Eine Gruppe Kinder posiert vor einer Statue im Tempelkomplex. © CRS PHOTO

Ein stimmungsvoller Blick auf den Pashupatinath-Tempel – eine der bedeutendsten Pilgerstätten der hinduistischen Welt. © CRS PHOTO

Eine Frau betet voller Hingabe im Pashupatinath-Komplex, wo Shiva als Beschützer des Universums verehrt wird. © RPBaiao

Ein Sadhu mit langem Bart und kunstvollem Kopfschmuck übt Yoga – Ausdruck völliger Hingabe an Körper und Geist. © Nick Fox

Ein gläubiger Hindu schmückt eine Statue mit duftenden Safranblütenketten – ein Moment tiefer Verehrung. © EASYWAY

Besucher schlendern vorbei an den vielen Schreinen, die den Pashupatinath-Komplex säumen. © Sophie Lenoir

Ein stiller Kreis von Trauernden begleitet den Körper eines Verstorbenen – ein ergreifender Abschied am Bagmati-Fluss. © MoLarjung

Eine ältere Frau sitzt inmitten leuchtend gelber Blütenkränze – ein farbenfrohes Bild aus dem Tempelleben. © CRS PHOTO

Heiligtümer und Schreine säumen den Weg durch den Tempelkomplex, wo Feste wie Maha Shivaratri und Teej gefeiert werden. © Igor Chus

Über den Ghats des Bagmati steigt Rauch empor – ein Sinnbild der ewigen Rituale am Pashupatinath-Tempel. © In Green

Sadhus in bunten Gewändern und mit kunstvollen Gesichtsbemalungen sitzen an einem Schrein – sie verkörpern die asketische Lebensweise der hinduistischen Tradition. © Dr. Ajay Kumar Sin

Ein intensiver Blick in das bemalte Gesicht eines älteren Sadhus – gelebte Spiritualität und Suche nach Erleuchtung. © OlegD

Trauernde tragen den Leichnam zum Bagmati-Ufer, wo das Feuer die Seele freisetzen soll – ein zentraler Ritus im Hinduismus. © Street Style Photo

Zwei ältere Sadhus ruhen sich im Schatten eines Schreins aus – eine stille Szene im geschäftigen Tempelkomplex. © V. Smirnov

Ein neugieriger Affe springt durch das Gelände des Pashupatinath-Tempels. Die Tiere sind eng mit der Gottheit Hanuman verbunden. © Skreidzeleu

A joyful celebration with novice monks unfolds at the sacred Pashupatinath Temple. Within this vast complex of temples and shrines, the air is filled daily with the sound of chanting, the scent of incense, and the rhythm of timeless rituals carried out by countless monks. Here, tradition and devotion come alive in every ceremony. © topten22photo